La Bénichon du Pays de Fribourg

Die Kilbi oder auf Französisch "La Bénichon" ist ein traditionelles Freiburger Fest, das seit jeher begangen wird. Ursprünglich war es das Erntedankfest, an welchem den Gottheiten für alles gedankt wurde, was die Natur im Laufe des Jahres hervorgebracht hatte, und an dem die Ernte gesegnet wurde.

Lasst es gut sein, tanzt jetzt!

Weil sie früher eines der wenigen weltlichen Feste war im Kanton Freiburg, war die Kilbi lange mit Tanzen verbunden. Trotz ihres religiösen Ursprungs, schloss sich der Feier ein weltliches Fest an, das sehr alt zu sein scheint. Die erste bisher bekannte schriftliche Erwähnung datiert vom 23. September 1443, wo der Rat der Stadt Freiburg in einer Verordnung von Krawallen durch Kilbi-Vagabunden spricht. Die Behörden waren im Übrigen sehr rasch mit dem Problem konfrontiert, dass der weltliche Teil der Feier immer grössere Bedeutung erhielt. Man muss darauf hinweisen, dass das Fest drei Tage dauerte (von Sonntag bis Dienstag) und dass die Pfarreiangehörigen nicht nur ihre eigene Kirchweihe/Kilbi feierten, sondern auch jene der Nachbardörfer, wodurch sich die freien Tage häuften. Kommt dazu, dass die Gemeinden nicht selten mehrere Kilbis feierten; so wurde im Städtchen Greyerz jene zu Ehren des hl. Theodul und jene zu Ehren des hl. Johannes gefeiert.

Um die Anzahl Festtage zu beschränken, wurde 1742 eine erste Verordnung erlassen, die festlegte, dass pro Dorf nur ein Kirchweihfest gefeiert werden durfte. Sie zeigte offensichtlich zu wenig Wirkung, sodass fünf Jahre später eine weitere Verordnung erlassen wurde, in der die Kilbidaten festgelegt wurden, wie wir sie heute noch kennen. 1747 wurde festgesetzt, dass jede Pfarrei das Fest ihrer Kircheweihe wie bisher kirchlich feiern dürfe, die Kilbi aber, also der weltliche Teil des Festes, in Zukunft nur am zweiten Sonntag im September abgehalten werden müsse. Es sollte an diesem Tag im Übrigen nur erlaubt sein, mit Zurückhaltung zu tanzen und sich zu vergnügen, dies sowohl in der Öffentlichkeit wie auch in den Tanzlokalen und Pinten sowie in den Gasthäusern, wo Wein ausgeschenkt werden darf. Ausser für diesen Tag war es ausgeschlossen, eine Tanzbewilligung zu erhalten!

Diese Verordnung (wie im Übrigen auch jene, die während des ganzen 19. Jh. folgten) zeigten aber wenig Wirkung; die Freiburger wollten nicht einfach so auf ihre Festtage verzichten. Im Gegenteil, es dauerte bis zum Ende des 1. Weltkrieges, dass die Kilbi an einem einzigen Tag gefeiert wurde; und es gab Ausnahmen, die im nächsten Kapitel erwähnt werden. Die Verbote verfehlten ihr Ziel bei weitem und förderten eher noch zusätzliche Unruhen, 1889 z. B. hatte sich die Regierung in den Kopf gesetzt, an Sonntagen alle Tanzanlässe zu verbieten, eingeschlossen an der Kilbi. Zuerst in Estavayer-le-Lac und dann in Bulle setzten sich die jungen Leute über die Verbote hinweg und « eroberten » völlig illegal die Tanzbühnen. Die Polizei griff ein und unterband das Fest. Doch angesichts der wachsenden Feindseligkeiten von Seiten der Bevölkerung, zwang die Behörden zum Rückzug, und die Tanzanlässe, die zwar verboten blieben, wurden an der Kilbi wieder erlaubt.

 

Ein Jahrzeitenfest

Obwohl die Verordnungen der Behörden nach und nach zu einer Vereinheitlichung des Kilbi-Datums führten – gewöhnlich der zweite Sonntag im September in den Talgebieten und der zweite Sonntag im Oktober in den Bergregionen - bewirkten doch der Widerstand in der Bevölkerung und örtliche Traditionen, dass Kilbifeiern über das ganze Jahr verteilt, stattfanden.

Tatsächlich wird die erste Kilbi des Jahres in Broc zusammen mit der Fasnacht gefeiert und die letzte am 31. Dezember im Dorf St. Silvester im Sense-Oberland. Mit der Kilbi im September in den Dörfern des Talgebiets wird das Ende der Ernte gefeiert, mit jener im Oktober und in den Bergregionen die Rückkehr der Herden von der Sömmerung auf den Alpen. Der Kilbi-Montag war im Allgemeinen der Tag, an welchem die Hirten, die den Sommer mit den Tieren auf der Alp verbracht hatten, ihren Lohn in Empfang nehmen konnten. Seit 1899 wird die sogenannte Kilbi der Bergregionen vor allem im Greyerzerland und in einigen Dörfern des Saanebezirks wie Treyvaux, Le Mouret, Arconciel, Senèdes und Ependes gefeiert. Das gleiche Kilbi-Datum (zweiter Sonntag im Oktober) kennen aber auch die Sensler Dörfer Bösingen, Giffers und Tentlingen. In den meisten andern Dörfern des Sensebezirks wird die Kilbi aber anfangs November, das heisst am Sonntag, der am nächsten beim Fest des hl. Martin (11. November), liegt, gefeiert. Dieses Datum fällt mit dem Patronsfest des Bezirkshauptortes Tafers zusammen, Die Pfarrei Tafers umfasste bis zum Ende des 19. Jh. auch die Dörfer Alterswil, St. Antoni und St. Ursen. Ein anderer Grund für die Feier der Kilbi im November, dürfte darin liegen, dass Fleisch an der Kilbi eine wichtige Rolle spielt und der November ein günstiger Zeitpunkt ist für die Schlachtung der Schweine. In der früheren bäuerlichen Gesellschaft begann an St. Martin das neue Wirtschaftsjahr.

In St. Silvester, dessen Patronsfest auf den 31. Dezember fällt, hat sich eine besondere Tradition erhalten. Um fünf Uhr in der Frühe wird in der Kirche eine Messe gefeiert. Vor dem Gottesdienst opfern die Leute kleine Tier- und Menschenfigürchen aus Holz. Nach einer lebendigen Tradition · La Bénichon - Die Kilbi 18 juillet 2012 4 Brauch, der bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht, wird auch ein Käse und ein Schinken geopfert, über welche der Pfarrer verfügen kann. Nach dem Gottesdienst begibt man sich in die Wirtschaften, wo zum Frühstück Rösti mit Spiegelei oder eine Bratwurst serviert wird. Anschliessend findet die Kilbifeier in der Familie statt.

 

Ein Menu im Wandel

Den Brauch, nach dem Ende der Feldarbeiten ein reichliches Mahl zu geniessen, kennen die meisten ländlichen Gesellschaften. Zwar sind einzelne Bestandteile des Kilbimenus schon lange bekannt, doch die erste Erwähnung des Menus, wie man es heute kennt, steht in einem journalistischen Feuilleton mit dem Titel « Idylle gruérienne », das seinerseits 1852 in der Zeitung « Le Confédéré » erschienen ist. Schinken räucherte man in Freiburg schon im 17. Jh., während die Büschelibirne erstmals 1744 erwähnt wird und die erste Erwähnung der Cuchaule schon auf das Jahr 1558 zurück geht ! Kilbisenf ist unter diesem Namen erst seit dem Beginn des 20. Jh. allgemein bekannt; schon länger bekannt ist er unter dem Namen « Gewürzsenf » oder « Küchensenf ». Die Meringues sind nicht unbedingt freiburgischer Herkunft, obwohl sie, mit Doppelrahm serviert, unabdingbar zum Kilbimenu gehören. Die feinen Leckereien, mit welchen das Menu abgeschlossen wird – Croquets (Schlüferli), Bretzeli, Anisbrötchen, Küchlein und Cuquetten – sind seit dem 19. Jh bekannt. Bretzeli hatten damals aber schon eine lange Tradition, denn die erste Erwähnung eines Bretzeleisens (ung fer pour fere le bresie) datiert vom Jahr 1552.

Während des ganzen 20. Jh. hielt man sich beim Kilbimenu an die überlieferte Tradition, wenn es auch wegen der modernen Kücheneinrichtungen und den neuen Konservierungsmethoden Veränderungen erfahren hat. Früher stammten die Gemüse (Kabis, Rübli, Randen, Bohnen usw.) aus dem Hausgarten, die Sau, die man im Herbst schlachtete, hatte man während des ganzen Sommers gemästet und man räucherte die Würste und Schinken im eigenen Kamin. Auch ein Schaf zog man für die Kilbi auf. Deshalb wurde im Sensebezirk das Kilbimenu in manchen Familien mit Schaf-Gehacktem mit Weinbeeren, dem « Voräss » eröffnet.

Man darf erwähnen, dass heute neben dem traditionellen Menu auch raffinierte Gerichte angeboten werden, die sich von den Kilbigerichten inspirieren liessen. So das Kilbimenu von Christian Demierre in Vaulruz, das er nach der Kunst der Molekularküche zubereitet oder die Rezepte des Chefkochs Pierrot Ayer im Le Pérolles in Freiburg, die in seinem Kochbuch « Authentique » erwähnt werden. Und nicht zu vergessen neuere Kreationen wie Bretzeli-Eis oder Berliner-Pfannkuchen mit Kilbisenf.

 

Quelle: lebendige-traditionen.ch

 

INFO

Wollen Sie mehr über die Kilbi erfahren? (nur auf Französisch): Edition la Sarine